Seit Gründung der Allianz der Pioniere und der erfolgreichen Auftaktveranstaltung des Verbundvorhabens PaludiAllianz am 30.04.2024 in Berlin hat sich im Bereich der Innovationsentwicklung der toMOORow-Initiative in den letzten Monaten viel getan. Die Gründung der beiden Expert Circles „Papier und Verpackung“ sowie „Bau- und Dämmstoffe“ hat es den Mitgliedsunternehmen der Allianz der Pioniere ermöglicht, aktiv an der Entwicklung von Pilot-Produkten aus Moorpflanzen, sogenannter Paludi-Biomasse, zu arbeiten. Die Biomasse aus nassen Mooren, wie z. B. Rohrkolben, Seggen und Binsen, eignet sich hervorragend als Rohstoff für ein breites Spektrum an Produkten und birgt großes Potenzial für eine nachhaltige Bioökonomie und Kreislaufwirtschaft.
Ziel dieser Produktinnovationen ist es, eine schnellwachsende Nachfrage nach Paludi-Biomasse aufzubauen und somit das Henne-Ei-Problem zu lösen: Die Etablierung von Paludikultur und damit Wiedervernässung von Moorflächen können nur dann flächendeckend umgesetzt werden, wenn Landwirt:innen diese Flächen dann weiter einträglich nutzen und bewirtschaften können. Dafür benötigt es Planungssicherheit und eine stabile Nachfrage nach Paludi-Biomasse. Um diese Nachfrage zu schaffen, müssen zunächst geeignete Verwertungsmöglichkeiten und Produkte entwickelt beziehungsweise Wertschöpfungsketten aufgebaut werden.
Paludikultur als Schlüsselrolle für zukunftsfähiges Wirtschaften
Paludikultur ist nicht nur die Basis für nachwachsende regionale Rohstoffe für die Papier-, Bau-, Möbel- oder Kunststoffindustrie, sondern entfaltet in erster Linie vielfältige positive Klimawirkungen. Durch die Wiedervernässung von Moorflächen werden CO2-Emissionen vermieden und bei torfbildenden Bewirtschaftungsweisen kann zusätzlich CO2 aus der Atmosphäre entzogen und als Kohlenstoff im Torfboden gespeichert werden. Auch die Artenvielfalt profitiert von der Wiedervernässung und Restaurierung von Moorflächen. Zudem geben intakte Moore in den immer häufiger auftretenden Dürreperioden Wasser an die Umgebung ab und wirken gleichzeitig bei Starkregenfällen als Hochwasserschutz. Diese Funktionen entfalten auch ihre Wirkung, wenn die Flächen im Rahmen von Paludikultur genutzt und durch die Inwertsetzung von Paludi-Biomasse eine nachhaltige Wertschöpfung betrieben wird.
Erste Erfolge
Unter dem Motto „Moor kann mehr“ wurde in den letzten zwei Monaten der erste Pilot des Paludi-Versandkartons von OTTO im Praxiseinsatz von rund 100.000 Kund:innen getestet. Diese neue Verpackungsinnovation besteht zu 10 Prozent aus Paludi-Biomasse, konkret aus Nasswiesengräsern wie Seggen und Binsen. Um die Stabilität und Recyclebarkeit der Kartons zu gewährleisten, wird die Paludi-Biomasse mit Altpapierfasern und einer geringen Menge Frischfasern gemischt. Die Testphase hat gezeigt, dass die neuen Verpackungen problemlos in die logistischen Abläufe integriert werden können. Um die umfassende Funktionalität der Paludi-Verpackung zu evaluieren, führt OTTO neben Recyclingtests und der Erstellung einer Ökobilanz zudem eine Umfrage unter den Kund:innen durch. Alle Ergebnisse daraus zielen darauf ab, nächste Schritte zur Optimierung und hoffentlich Skalierung gehen zu können.
Für toMOORow und das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) geförderte Verbundvorhaben PaludiAllianz, das die Umweltstiftung Michael Otto gemeinsam mit der Michael Succow Stiftung und der Universität Greifswald (beide Partner im Greifswald Moor Centrum) durchführt, ist dies ein bedeutender Schritt.
Nächste Schritte
Neben OTTO sind auch die anderen Unternehmen aus der Allianz der Pioniere aktiv und stecken teilweise schon in der Produktentwicklung. So versucht beispielsweise die Firma Baufritz Innentür-Füllungen aus Paludi-Biomasse zu realisieren. Ein großer Vorteil für die Allianz-Unternehmen: Sie können bei Bedarf auf die Beratung der Paludikultur-Expert:innen der Universität Greifswald zurückgreifen und erhalten regelmäßig spannende Impulse.
Neben der Innovationsentwicklung auf Unternehmensseite ist gleichzeitig das Angebot von Seiten der Landwirt:innen entscheidend. Hier tauscht sich das Team der Michael Succow Stiftung eng mit Landwirt:innen aus, klärt auf und plant den Aufbau einer Paludi-Biomasse-Börse.