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24.10.2019

New Work gleich Better World?

Befördern sich gesellschaftliche Transformation und organisationsinterner Wandel gegenseitig? Wie kann der Wandel von Arbeitskultur so gestaltet werden, dass er zur sozial-ökologischen Transformation beiträgt? Diese Fragen standen im Zentrum des diesjährigen Salons für Transformation, der zum dritten Mal in Hamburg ausgetragen wurde.

Unter dem Titel „New Work! Better World? Unternehmen in (der) Veränderung“ versammelten sich 60 junge Expert/-innen und Praktiker/-innen aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung, Medien, Wissenschaft und Zivilgesellschaft, um in partizipativen Formaten Erfahrungen zur Zukunft der Arbeit und das Arbeiten an einer besseren Zukunft auszutauschen, Konfliktlinien offenzulegen, gemeinsam Wege für einen effektiveren Wandel zu begehen und den gesellschaftlichen Dialog zu fördern. Im Zentrum der Diskussion stand das Verhältnis zwischen Veränderungen in Organisationen und in ihrer Umwelt. Anhand von Fallbeispielen haben die Teilnehmer sichtbar gemacht, wo sich organisationsinterner Wandel und gesellschaftliche Transformation gegenseitig befördern und wo sie sich blockieren.

Viele Unternehmen haben begonnen, Arbeit zu verändern: Angesichts von Digitalisierung, Beschleunigung und Globalisierung spüren sie Druck von außen oder erfinden sich eigenmotiviert neu – hin zu selbstorganisierten Strukturen und Mut zum Experiment. Gleichzeitig sind Unternehmen ein wichtiger Hebel für gesamtgesellschaftliche Veränderungen. Ihre Gestaltungsmacht im Umgang mit Ressourcen, Mitarbeiterinnen und Konsumenten entscheidet mit über Erfolg oder Scheitern der sozial-ökologischen Transformation.

Josefa Kny, Wissenschaftlerin vom Norbert Elias Center für Transformation Design and Research, hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, in welchem Verhältnis Organisationswandel und sozial-ökologische Transformation in großen Unternehmen stehen. Ihr wissenschaftlicher Fokus liegt auf der Analyse der ambivalenten Rolle von Großunternehmen: „Es gibt sehr viele ambivalente Prozesse, bspw. die Digitalisierung. So ermöglichen Digitalisierungsprozesse in Unternehmen andere Formen der Zusammenarbeit, wie z. B. dezentrales Arbeiten. Auf der anderen Seite ist die Digitalisierung ein Auslöser dafür, dass es eine ständige Beschleunigung gibt und eine Verfügbarkeit der Mitarbeiter zu jeder Zeit. Diese andauernde Beschleunigung und Erreichbarkeit kann auch zu Rebound-Effekten führen, so dass mehr konsumiert wird oder die Mitarbeiter häufiger gestresst sind“. Sowohl die positiven als auch die negativen Seiten dieser Prozesse im Bereich New Work können für die sozial-ökologische Transformation genutzt werden. Laut Kny ist es dabei wichtig, dass eine Konsistenz vorliegt und Eigentümer, Vorstandsmitglieder und Führungskräfte eine sozial-ökologische Transformation vorleben, indem sie die sich verändernden Prozesse des Zusammenarbeitens mit einer Nachhaltigkeitsorientierung zusammenbringen.

Jasmin Wiefek, Wissenschaftlerin vom Institute for Advanced Sustainability Studies betonte, dass die Rolle kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) in gesellschaftlichen Veränderungen vernachlässigt wird. Laut Wiefek sind insbesondere KMU‘s Vorreiter in Nachhaltigkeitsfragen. Deshalb fordert sie von Politik und Gesellschaft gerade für KMU’s eine höhere Wertschätzung und mehr Aufmerksamkeit bei gesellschaftlichen Veränderungen.

Mehrere Praxisbeispiele größerer und kleinerer Unternehmen zeigen, dass eine interne Transformation benötigt wird, um extern wirken zu können. Es stellt sich die Frage, inwieweit es Unternehmen schaffen eine Verhaltensänderung der Mitarbeiter/-innen zu etablieren, wenn sich der gesellschaftliche Rahmen nicht dazu verändert. Irene Oksinoglu, Leiterin des Projektes Future Work bei Otto (GmbH & Co KG) betonte, dass eine Verhaltensänderung der Mitarbeiter/-innen im Unternehmen auch einen gesamtgesellschaftlichen Transformationsprozess voraussetzt. Ein organisationsinterner Wandel ist also ohne einen gesellschaftlichen Wandel nicht möglich.

Patrick Boadu von der Firma soulbottles, die plastik- und schadstofffreie Trinkflaschen aus Glas herstellen stellte klar: „Nur eine Organisation, die im inneren clean, lean und aligned, also auf dasselbe Ziel ausgerichtet, in Eigenverantwortung arbeitet kann auch gesellschaftlich gut wirken. Wir brauchen mehr Unternehmen, die ihre gesellschaftliche Verantwortung auch wahrnehmen und zu einer Politik bekennen, die für Nachhaltigkeit und gesellschaftlichen Wandel steht.“ Soulbottles produziert nicht nur nachhaltige Trinkflaschen, sondern unterstützt auch mit 1 € pro Flasche den Aufbau von Trinkwasserprojekten. Boadu fordert daher die Politik auf eine Unternehmensform zu schaffen, die es Unternehmen ermöglicht Gewinne als Mittel zum Zweck einzusetzen.

Die Frage wie sich die Gesellschaft als Ganzes verändern kann wird als immer dringender und offener empfunden. Ein Aufbruch in den Unternehmen in Richtung eines Kulturwandels und einer Transformation, die die Menschlichkeit und Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt stellt, ist zu erkennen. Dabei ist jedoch notwendig, dass die Unternehmensstruktur auch den Raum für eine Mitgestaltung und stärkere Teilhabe der Mitarbeiter/-innen an Entscheidungsprozessen schafft. Unternehmen sind ein Akteur, der zur gesellschaftlichen Veränderung beiträgt. Allerdings können Unternehmen für einen gesellschaftlichen Wandel in Richtung Nachhaltigkeit nicht allein verantwortlich sein. Für Transformationsforscherin Luise Tremel ist es notwendig, dass auch die Politik die entsprechenden Rahmenbedingungen für eine sozial-ökologische Transformation setzt: „Es braucht eine Veränderung in der Politik und in der Gesetzeslage, damit wir uns eine andere Wirtschaft und eine andere Welt vorstellen können.“


Die Kernaussagen aus den vier Workshops, in denen Unternehmensvertreter/-innen über ihre Praxisbeispiele mit den Teilnehmern in den Dialog getreten sind, werden wir in Kürze auf unserer Webseite veröffentlichen.


Videostatements der Referenten und Teilnehmer wurden auf dem Twitter-Account der Umweltstiftung Michael Otto @Umwelt_StMO veröffentlicht.  #sft2019


Autor: Sven Stöbener

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