Wie verhalten sich neue Arbeitsweisen in Organisationen und die sozial-ökologische Transformation der Gesellschaft zueinander? Dieser Fragestellung widmeten wir uns im dritten „Salon für Transformation“, den wir gemeinsam mit der Umweltstiftung Michael Otto ausrichteten. Zahlreiche Unternehmen haben sich auf den Weg gemacht, ihre Arbeits- und Entscheidungsprozesse dynamischer und partizipativer zu gestalten, ihre Mitarbeiter*innen mit mehr Eigenverantwortung und Handlungsspielräumen auszustatten. Zeitgleich stehen wir vor enormen ökologischen Herausforderungen wie bspw. dem Klimawandel, die mit nicht-nachhaltigen Produktionsweisen von Unternehmen einhergehen. „New Work, Better World? Unternehmen in (der) Veränderung“ lautete das Titelthema des Salons. Dahinter standen die Fragen: Bringen die neuen Arbeitswelten die große sozial-ökologische Transformation voran? Und wenn nicht, wie können wir diese Synergie ermöglichen?
Als inhaltlich Verantwortliche gingen wir mit mehreren Hypothesen in den Tag. Zum einen nahmen wir an, dass Unternehmen, die zu einem sozial-ökologischen Wandel beitragen wollen, dies besser und glaubwürdiger tun können, wenn sie auch ihre internen Strukturen in Richtung Gerechtigkeit, Demokratie und dem Umgang mit Unsicherheit verändern. Zum anderen, so unsere Vorstellung, kann Organisationswandel explizit Fähigkeiten ausbilden, die für eine gesellschaftliche Transformation essentiell sind – auch wenn dies in Unternehmen geschieht, die (noch) nicht gezielt auf eine gesellschaftliche Transformation hinarbeiten. Mitarbeiter*innen können selbst zu transformativen Akteur*innen werden, wenn sie an ihrem Arbeitsplatz eine Haltung einüben, die bislang in vielen anderen Gesellschaftsbereichen vernachlässigt wird. Dazu gehört es, sich konstruktiv mit anderen Perspektiven auseinanderzusetzen, offen für Veränderungen zu sein und selbst Verantwortung zu übernehmen. So können Unternehmen, die sich New Work widmen, aus unserer Sicht auch Labore für die gesellschaftliche Transformation sein. Im Kontrast zu diesen Perspektiven, die die Kompatibilität von New Work und New World annehmen, stellten wir uns weiterhin die Frage, ob ein Fokus auf neue Arbeitsweisen nicht auch von jenem auf die Große Transformation ablenkt. Könnte es also sein, dass „interner“ und „externer“ Wandel um Veränderungsressourcen konkurrieren? Oder wirken sich interne Umstrukturierungen in Unternehmen grundsätzlich positiv auf den Umgang mit gesellschaftlichen Herausforderungen aus?
Vertreter*innen der Unternehmen Deutsche Bahn, Hannoversche Kassen, Ökofrost, Otto Group, Soulbottles und Wigwam haben sich Zeit genommen, offen über ihre jeweilige organisationsinterne Praxis zu berichten; für diese Bereitschaft waren wir sehr dankbar. In den Diskussionen im Salon-Plenum war dann zunächst die Frage sehr präsent, ob der gegenwärtige Trend um New Work und Agilität in Unternehmen nicht ein oberflächlicher ist. Den Erfahrungen einiger Teilnehmer*innen nach gehe mit der Veränderung von Prozessen und Strukturen insbesondere in großen Unternehmen oft keine echte Demokratisierung des Wirtschaftens einher. Dies heißt oft auch, dass sozial-ökologische Aspekte ebenfalls nicht im Sinne eines umfassenden Wandels an Relevanz gewinnen. Es ist also Vorsicht geboten, die Begeisterung für New Work zu eng mit Hoffnungen für die gesellschaftliche Transformation zu verknüpfen.
Viel Raum nahm auch die Frage ein, welchen Beitrag Unternehmen in der sozial-ökologischen Transformation überhaupt spielen können und sollten. Sind Wirtschaftsakteure selbst in der Lage, gesellschaftlichen Wandel wesentlich voranzutreiben? Oder sind vielmehr ein schneller und radikaler politischer Wandel und neue Gesetze nötig, um die gegenwärtigen sozialen und ökologischen Herausforderungen zu bewältigen? Provokant wurde gefragt: Ist – wenn man das Ziel einer gesellschaftlichen Transformation verfolgt – die Beschäftigung mit unternehmensinternen Veränderungen nicht viel zu kleinteilig und mühsam? Sind es nicht vielmehr gesellschaftliche Bewegungen, die einen radikalen Wandel des Gesellschaftssystems und des Wirtschaftens erreichen können und müssen? Diese Diskussion hat die Teilnehmer*innen gespalten: in jene, die kleine, kontinuierliche Veränderungsschritte in den verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen befürworten, und jene, die auf einen radikalen Umsturz durch soziale Bewegungen und Politik drängen. Deutlich wurde dabei vor allem die Relevanz eines gesetzlichen Rahmens, der Unternehmen sowohl dazu befähigt als auch sie dazu zwingt, zur sozial-ökologischen Transformation beizutragen. Einzelne Unternehmen alleine sind tendenziell nicht in der Lage einen umfassenden Wandel voranzutreiben, solange sie gesellschaftlich nicht entsprechend eingebettet sind. Dies hat der Salon offengelegt und damit den Grundstein einer Diskussion gelegt, die wir in den Folgeveranstaltungen zusammen mit der Umweltstiftung Michael Otto weiterführen und mit Leben füllen möchten.
Auf übergeordneter Ebene stellten wir fest, dass es sich trotz aller Bekenntnisse zu einem vertraulichen Gesprächsraum als schwierig erwies, gerade mit Vertreter*innen von Unternehmen wirklich kontrovers zu diskutieren. Wir möchten unseren Blick gemeinsam mit der Umweltstiftung Michael Otto deshalb zukünftig noch stärker darauf richten, wie wir mit den Teilnehmer*innen des Salons in einen intensiven, offenen Dialog gehen können.
Autorinnen: Josefa Kny, Luise Tremel und Jasmin Wiefek